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Gyne 05/2019 – Diagnostik und Interventionen in der Peri- und Postmenopause

Gyne 05/2019

Diagnostik und Interventionen in der Peri- und Postmenopause

Autorin:

  M. J. Beckermann

   

Einleitung

Die aktualisierte S3-Leitlinie (https:// www.awmf.org/leitlinien/angemeldete- leitlinien.html) stellt eine umfassende Hilfestellung bei der Beratung von Frauen in den Wechseljahren dar. Sie lehnt sich an die NICE (The National Institute for Health and Care)-Guideline von November 2015 (https://www.nice.org.uk/guidance/ ng23) an und richtet sich an Ärzt*innen, die Frauen in den Wechseljahren betreuen. Hinweise zur Diagnostik sind ebenso relevant wie der Umgang mit Beschwerden. Die Effektivität und (Arzneimittel-)Sicherheit von Interventionen wird umfassend dargelegt, sowohl von nichtpharmakologischen als auch von phytotherapeutischen, hormonellen und nicht-hormonellen Maßnahmen.

Was bringt die neue Leitlinie?

Die S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) von 2009 war eine Reaktion auf die Ergebnisse der Women’s Health Initiative (WHI)-Studie 2002 [1]. Beobachtungsstudien hatten zuvor den Anschein erweckt, dass eine prophylaktische Hormontherapie mit Östrogenen bzw. Östrogenen und Gestagenen eine Reihe von Alterskrankheiten verhindern und die Lebenserwartung steigern könnten. Die WHI-Studie ist eine der größten kontrollierten, randomisierten Doppelblindstudien, die je mit Hormonen durchgeführt wurde. Es ging dabei nicht um Wechseljahresbeschwerden, sondern umdie Frage, ob eine Hormontherapie vor Alterskrankheiten schützen kann. Deswegen wurden auch überwiegend postmenopausale Frauen (Durchschnittsalter 63 Jahre) rekrutiert. Im Jahre 2002 wurde der Studienarm mit der kombinierten Östrogen-Gestagen-Diagnostik und Interventionen in der Peri- und Postmenopause Therapie wegen der hohen Brustkrebsrate abgebrochen. 2005 wurde auch der Studienarm mit Östrogenen wegen der Zunahme von Schlaganfällen in der Hormongruppe abgebrochen. Die Frauenärzt*innen waren durch diese Ergebnisse verunsichert. Vor diesem Hintergrund beschloss die DGGG, eine S3-Leitlinie zu erarbeiten und den Frauenärzt*innen damit ein Regelwerk an die Hand zu geben. Die Hauptaussage der WHIStudie wie auch der S3-Leitlinie von 2009 war, dass Hormone nicht geeignet sind zur Prävention von Alterserkrankungen (außer in speziellen Fällen zur Osteoporosevorbeugung), dass sie aber die wirksamste Behandlung von vasomotorischen Beschwerden in den Wechseljahren darstellen.

Inzwischen ist es zu einem massiven Einbruch der Hormonverordnung gekommen. Laut Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse (TK) im Juli 2018 nahmen im Jahre 2018 nur noch 6,6 % der Frauen zwischen 45 und 65 Jahren Hormone ein. Im Jahre 2000 waren es noch 37 % und im Jahre 2010 9,6 % gewesen. Frauenärzt* innen erleben in den Praxen häufig, dass Frauen Angst vor den Risiken einer Hormontherapie haben.

Die Aktualisierung der S3-Leitlinie von 2016–2019 folgt einer neuen Strategie, indem sie das Blickfeld erweitert. Aufbau und Inhalt der neuen Leitlinie lehnen sich an die NICEGuideline „Menopause“ von November 2015 an. Dort haben die Autor*innen versucht, die Risikobewertung einer Hormontherapie auf Frauen zwischen 50 und 60 Jahren zu fokussieren. Das bedeutet, dass sie nicht nur auf die Zahlen aus der WHI-Studie, in der das Durchschnittsalter der Frauen 63 Jahre betrug, zurückgreifen, sondern dass kleinere Studien mit perimenopausalen Frauen vorrangig berücksichtigt werden. Die Präparate und Applikationsformen, die in den großen amerikanischen Studien nicht verwendet wurden, wie z. B. Östrogenpflaster und Progesteron, werden in der Leitlinie einer Bewertung unterzogen, soweit die Studienlage es zulässt. Außerdem wird zu Fragen der Diagnostik und Beratung Stellung bezogen. Die Effektivität und (Arzneimittel-) Sicherheit nicht-pharmakologischer, phytotherapeutischer und anderer nicht-hormoneller Behandlungen wurden durch aktuelle Recherchen von 2015–2018 auf den neuesten Stand gebracht und dargelegt.

Ausgewählte Statements und Empfehlungen sowie einige Textauszüge aus der S3-Leitlinie

(Statements und Empfehlungen sind kursiv gedruckt, Textauszüge nicht. Kommentare der Autorin stehen in Anführungszeichen „…“)

Diagnostik und therapeutische Interventionen bei peri- und postmenopausalen Frauen

Diagnostik
Die Peri- und Postmenopause bei über 45-jährigen Frauen sollen aufgrund klinischer Parameter diagnostiziert werden. Eine Bestimmung des FSH zur Diagnose der Peri- und Postmenopause soll nur bei Frauen zwischen dem 40. und 45. Lebensjahr mit klimakterischen Symptomen (z. B. Hitzewallungen, Zyklusveränderungen) sowie bei Frauen unter 40 Jahren mit Hinweisen auf vorzeitige Ovarialinsuffizienz erfolgen.

Therapeutische Interventionen
Frauen mit vasomotorischen Beschwerden soll eine HRT angeboten werden, nachdem sie über die kurz- (bis zu fünf Jahren) und langfristigen Nutzen und Risiken informiert wurden. Für nicht-hysterektomierte Frauen kommt eine EPT mit adäquatem Gestagenanteil, für hysterektomierte Frauen eine ET in Betracht.
Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs), Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRIs), Clonidin und Gabapentin sollen nicht routinemäßig als Mittel erster Wahl gegen vasomotorische Symptome angeboten werden.
Kognitive Verhaltenstherapie (CBT), Isoflavone und Cimicifuga-Präparate können bei vasomotorischen Symptomen angewendet werden.

Vasomotorische Symptome Wirksamkeit und Sicherheit von Interventionen Dargestellt in Tabelle 1.

Sicherheit von Interventionen für Frauen nach Brustkrebs
„Von den Interventionen in Tabelle 1 sollen Östrogene, Tibolon, Phytoöstrogene (Isoflavone, Rotklee, SEquol, Genistein, Rheum rhapontikum) und DHEA bei Frauen mit/ nach Brustkrebs vermieden werden. Die Anwendung von Cimicifuga ist vermutlich nicht mit einem erhöhten Risiko für ein Rezidiv behaftet, aber die Datenlage ist nicht genügend.“

Urogenitale Atrophie
Frauen mit symptomatischer urogenitaler Atrophie soll die Anwendung von Befeuchtungs-, Gleitmitteln alleine oder zusammen mit einer vaginalen ET angeboten werden. Die Therapie kann so lange wie erforderlich angewendet werden.

„Die Leitliniengruppe war sich einig, dass peri- und postmenopausale Frauen aktiv auf mögliche Beschwerden durch Scheidentrockenheit angesprochen werden sollen.“

„Eine aktuelle Studie [2] zeigt, dass einfache Gleitmittel, Spezialgleitmittel und hormonhaltige Vaginalcreme bzw. Vaginaltabletten gleich gut wirken. Frauen sollen entsprechend ihrer Vorliebe behandelt werden.“

Beginn, Überwachung und Absetzen einer HRT
Unter lokaler ET soll keine routinemäßige Vaginalsonographie zur Messung der Endometriumdicke durchgeführt werden (s. S3-Leitlinie Endometriumkarzinom, AWMF-Registernummer 032−034). Frauen sollten vor Beginn der Behandlung darauf hingewiesen werden, dass nach dem Absetzen der HRT vasomotorische Beschwerden wieder auftreten können. Für das Absetzen der HRT können zwei Optionen angeboten werden: sofortiges Absetzen oder allmähliches Ausschleichen. Nach allmählichem Ausschleichen treten die Symptome kurzfristig möglicherweise seltener wieder auf. Langfristig ist das Wiederauftreten von Symptomen unabhängig davon, ob die Hormone langsam oder plötzlich abgesetzt werden.

Urogynäkologie

Belastungsinkontinenz
Eine vaginale ET kann eine Harninkontinenz bei postmenopausalen Frauen verbessern.

Patientinnen sollen vor einer systemischen ET/EPT darüber informiert werden, dass diese zum Auftreten oder zur Verschlechterung einer Harninkontinenz führen kann.

Postmenopausalen Patientinnen mit Harninkontinenz sollen Beckenbodentraining und eine vaginale ET angeboten werden.

„Als Harninkontinenz wurde in der WHI-Studie unfreiwilliger Urinverlust mindestens einmal in zwei Wochen definiert. Systemische Hormontherapie ist sowohl mit der Zunahme einer Harninkontinenz als auch mit der Zunahme einer Beeinträchtigung durch die Harninkontinenz verbunden. Die Beschwerden bilden sich laut WHI-Studie bei etwa einem Drittel der Frauen nach dem Absetzen der Hormontherapie wieder zurück.“

Kardiovaskuläre Erkrankungen

Das kardiovaskuläre Basisrisiko periund postmenopausaler Frauen variiert sehr stark in Abhängigkeit von den Risikofaktoren. Sie sollten optimal kontrolliert sein, damit sie keine Kontraindikation für eine HRT darstellen. Deshalb sollten die vaskulären Risikofaktoren vor Beginn einer HRT abgeklärt und behandelt werden.

Thromboembolien
Frauen sollen darüber informiert werden, dass das Thromboembolierisiko unter oraler ET und EPT erhöht ist und höher ist als bei transdermaler Applikation.

Vor dem Hintergrund dieses beachtlichen Risikos einer oralen HRT sind Beobachtungsstudien zu transdermalen Applikationsformen vielversprechend, aber ohne Beweischarakter.

Zerebrovaskuläre Ereignisse
Frauen sollen darüber informiert werden, dass eine orale EPT das Risiko für ischämische zerebrovaskuläre Ereignisse möglicherweise erhöht, nicht aber eine transdermale ET. Das absolute Risiko für einen Schlaganfall ist bei jüngeren Frauen sehr niedrig.

Für die Praxis stellt sich die Frage, ob dieses hohe Schlaganfallrisiko unter HRT auch für Frauen gilt, die in den ersten zehn Jahren nach Eintritt der Menopause oder in dem entsprechenden Alter von etwa 50–59 Jahren mit einer HRT beginnen. Unter einer oralen EPT muss bei 1.000 Frauen möglicherweise mit etwa fünf zusätzlichen Schlaganfällen innerhalb von zehn Jahren gerechnet werden [3] (Thom et al. 2006). Allerdings war dieser Risikoanstieg in der Subgruppe mit Beginn der HRT früh in der Postmenopause nicht signifikant ebenso wie in einer Cochrane Meta-Analyse von 19 rando-misierten Interventionsstudien mit 40.410 Probandinnen [4]. Zu transdermaler HRT liegen leider keine Daten von randomisierten Interventionsstudien zum Schlaganfallrisiko vor (Harmann et al. 2014). Eine Meta- Analyse von Beobachtungsstudien mit nur einer Fall-Kontroll-Studie ergab für eine orale HRT ein um das 1,24-fach höheres Schlaganfallrisiko verglichen mit dem Risiko unter transdermaler HRT [5]. Durch Anwendung einer transdermalen HRT könnte also eine Erhöhung des Schlaganfallrisikos vermeidbar sein, allerdings nur bis zu einer Dosis von 50 μg. Keine ausreichenden Daten liegen allerdings für den Fall nach ischämischem Schlaganfall oder TIA vor, sodass diese Konstellation weiterhin als Kontraindikation gelten muss.

Osteoporose

Eine HRT führt zu einer signifikanten Erniedrigung für das Risiko für Osteoporose- assoziierter Frakturen.

Der frakturreduzierende Einfluss einer HRT war unabhängig von der Einnahmedauer (d. h. bereits nach einer kurzenl 1-jährigen Einnahme nachweisbar) und des Alters bei Therapiebeginn. Zusätzlich scheint der frakturreduzierende Effekt nach Beendigung einer HRT in geringerem Maße weiter zu bestehen.

Demenz, Depression, Stimmungsschwankungen

Frauen in der Peri- und Postmenopause sollen darüber beraten werden, dass es unklar ist, ob eine HRT vor dem 65. Lebensjahr das Demenzrisiko beeinflusst.

„Dieses Statement ist wichtig, weil das Demenzrisiko bei Frauen über 65 Jahren, die Hormone einnehmen, erhöht ist. Bei Frauen zwischen 50 und 54 Jahren wurden in einer WHI-Unterstudie kognitive Tests durchgeführt. Die Ergebnisse unterschieden sich nicht zwischen Hormon- und Placebogruppe. Das ist beruhigend, sagt aber nicht unbedingt etwas zum Risiko für Demenz aus.“

Die Indikation zur pharmakologischen Behandlung von Depressionen in der Perimenopause soll den allgemeinen Behandlungsleitlinien folgen (es liegen keine direkten Wirksamkeitsstudien in der Perimenopause vor).

Es gibt derzeit keine sicheren Hinweise auf eine unterschiedliche Wirksamkeit von Antidepressiva in Abhängigkeit vom Menopausenstatus.

HRT und Krebsrisiko

HRT und Brustkrebsrisiko
Frauen, die eine HRT erwägen, sollen darüber aufgeklärt werden, dass eine HRT (EPT/ET) zu einer geringen oder keiner Erhöhung des Brustkrebsrisikos führen kann. Die mögliche Risikoerhöhung ist abhängig von der Zusammensetzung der HRT, der Behandlungsdauer und reduziert sich nach Absetzen der HRT.

HRT und Endometriumkarzinomrisiko
Eine alleinige HRT mit Östrogenen ohne Gestagenschutz ist bei nicht hysterektomierten Frauen ein Risikofaktor für das Auftreten eines Endometriumkarzinoms. Der Effekt ist von der Dauer der Anwendung abhängig.

Die Verwendung von Progesteron oder Dydrogesteron „im Vergleich zu stärkeren Gestagenen“ im Rahmen einer kontinuierlich-kombinierten HRT kann das Risiko der Entstehung eines Endometriumkarzinoms erhöhen.

Eine kontinuierlich-kombinierte HRT mit l 5 Jahren Anwendungsdauer kann hinsichtlich des Endometriumkarzinomrisikos als sicher angesehen werden.

Die sequentiell-kombinierte HRT kann das Risiko der Entstehung eines Endometriumkarzinoms erhöhen. Der Effekt ist von der Dauer, Art und Dosis der Gestagenanwendung abhängig.

Die sequentiell-kombinierte HRT mit einer Anwendungsdauer unter fünf Jahren und unter Verwendung eines synthetischen Gestagens kann hinsichtlich des Endometriumkarzinomrisikos als sicher angesehen werden.

HRT und Ovarialkarzinomrisiko
Frauen, die eine HRT erwägen, sollen darüber aufgeklärt werden, dass eine ET bzw. EPT das Ovarialkarzinomrisiko erhöhen können. Die Wirkung kann bereits bei Anwendungszeiten von unter fünf Jahren auftreten und reduziert sich nach Absetzen der Therapie.

HRT und Risiko für kolorektale Karzinome
Frauen sollen darüber aufgeklärt werden, dass eine HRT das Risiko für kolorektale Karzinome senken kann. Daraus ergibt sich keine Indikation für einen präventiven Einsatz der HRT.

Andere Erkrankungen

Erkrankungen der Gallenblase und Gallengänge
Eine HRT erhöht das Risiko für Gallenwegserkrankungen. In Analysen der Cochrane Collaboration erhöhte eine kombinierte HRT und eine ERT bei postmenopausalen Frauen das Risiko von Galleblasenerkrankungen nach 5,6 Jahren Anwendung von 27 pro 1.000 auf 38–60 pro 1.000 Frauen. Die WHI-Studie ergab für beide Studienarme ebenfalls eine erhöhte Rate von Gallenwegserkrankungen. Auch bei transdermaler Therapie gibt es Hinweise auf ein leicht erhöhtes Risiko. Nach Therapie-Ende sinkt das bis dahin erhöhte Risiko von symptomatischen Gallenblasenerkrankungen und Cholezystektomien langsam ab, erreicht aber auch nach 10 Jahren noch nicht das Ausgangsniveau.

Patientinneninformation

Was bedeutet das für die Praxis?

Die Indikation
Die Indikation zur Hormontherapie sind klimakterische Beschwerden. Dabei sind vasomotorische Symptome (Hitzewallungen, Schweißausbrüche) die Schlüsselsymptome. Weidner konnte zeigen, dass es die einzigen Symptome sind, die bei Frauen in der Lebensspanne zwischen 45 und 55 gehäuft auftreten [6]. Schlafstörungen, Müdigkeit und Stimmungsschwankungen können die Folge von vasomotorischen Beschwerden sein, sie können aber auch andere Ursachen (z. B. Depressionen, Posttraumatische Belastungsstörungen, Angststörungen, Schilddrüsenfunktionsstörung u. a.) haben.

Zur Prävention sind Östrogene nur in besonderen Fällen als Sekundärprophylaxe bei Frauen mit Osteoporose indiziert, wenn andere Medikamente nicht eingesetzt werden können. Besonders wenn es sich um ältere Frauen und um eine lange Behandlungsdauer handelt, müssen die Risiken gut abgewogen werden.

Nach (sexuellen) Beschwerden aufgrund einer trockenen Scheide sollte gezielt gefragt und bei Bedarf eine lokale Therapie mit Gleitmitteln und/oder Östriolpräparaten empfohlen werden.

Bei rezidivierenden Harnwegsinfekten sollte eine lokale Östrioltherapie angeboten werden.

Die Diagnose
Die Diagnose von Peri- und Postmenopause soll klinisch gestellt werden. Laboruntersuchungen sind bei Frauen über 45 Jahren überflüssig.

Behandlungsbeginn unter 60
Wenn klimakterische Beschwerden behandelt werden sollen, ist der Behandlungsbeginn in den allermeisten Fällen unter 60 Jahren. Es gibt Berechnungen aus den WHI-Nachbeobachtungen, die geringere Risiken bei Frauen postulieren, die bei Behandlungsbeginn jünger als 60 Jahre sind [3]. Diese Ergebnisse sind alle nicht signifikant, weil die Untergruppe zu klein war. Aber selbstverständlich haben Frauen mit 55 Jahren durchschnittlich niedrigere kardiovaskuläre Hintergrundrisiken als Frauen mit 70 Jahren. Insofern könnte eine Hormontherapie bei ihnen mit geringeren kardiovaskulären Risiken verbunden sein als bei den älteren Frauen aus den großen RCTs wie WHI und HERS.

Das trifft aber nicht auf das Brustkrebsrisiko zu. Laut WHI-Studie ist das Brustkrebsrisiko höher bei Behandlungsbeginn innerhalb von fünf Jahren nach der Menopause.

Behandlungsende
Bei den meisten Frauen ist eine kurzfristige Hormontherapie von 1–2 Jahren ausreichend. Wenn die Dosis so niedrig gewählt ist, dass Frauen spüren können, ob sie noch Hitzewallungen haben, können sie den Zeitpunkt des Absetzens selbst herausfinden. Spätestens nach 5 Jahren sollte die Therapie beendet werden. Frauen, die befürchten, dass die Beschwerden wieder auftreten, sollten die Therapie langsam ausschleichen.

Transdermale vs. orale Behandlung
Die transdermale Gabe von Östrogenen scheint mit weniger Risiken verbunden zu sein als die orale Gabe. Speziell das Risiko für Thrombose/ Embolie und das Risiko für zerebrale Infarkte scheint niedriger zu sein. Auch das Risiko für Gallenwegserkrankungen ist niedriger unter transdermaler Gabe.

Hingegen sind die positiven Auswirkungen auf Diabetes mellitus, HDL und kolorektale Karzinome unter transdermaler Gabe nicht vorhanden.

Es gibt noch zu wenig prospektive randomisierte Studien, um von einem sicheren Nachweis zu sprechen. Aber da es keine relevanten Nachteile bei der transdermalen Therapie gibt, sollte sie die erste Behandlungsoption sein, speziell bei Frauen mit Risiken. Lediglich Blutungsstörungen in der Perimenopause sind besser mit oraler Therapie kontrollierbar.

Die „Bioidentischen Hormone“

17β-Östradiol
Der Begriff „bioidentische“ Hormone ist nicht geschützt und wird unterschiedlich angewendet. Ein Cochrane Review [7] versteht darunter 17β-Östradiol und prüft die Wirksamkeit. 17β-Östradiol hat unabhängig davon, wie es gewonnen wurde, eine typische Östradiol-Wirkung. Es wurde in Europa bereits seit Beginn der Hormontherapie-Ära angewendet.

Im Unterschied dazu enthalten die equinen konjugierten Östrogene ein Gemisch von Östrogenmetaboliten mit einem hohen Anteil an Östron. Sie stimulieren die Leber möglicherweise stärker als Östradiol zur Synthese von Gerinnungsfaktoren. Aber es gibt keinen sicheren Nachweis dafür, dass die orale Östradiol-Einnahme mit geringeren Risiken verbunden ist als die Einnahme von equinen konjugierten Östrogenen.

Progesteron
Das andere „bioidentische“ Hormon ist Progesteron. Auch hier ist nicht die Art der Gewinnung entscheidend für die Wirkung, sondern die chemische Struktur. Progesteron wird wie die meisten anderen Gestagene auch aus Diosgenin synthetisiert, einem Substrat aus der Yamswurzel.

Wenn Progesteron als Gestagenzusatz bei einer kombinierten Östrogen- Gestagen-Therapie Anwendung finden soll, gibt es zwei Probleme. Zum einen hat Progesteron nur eine schwache Gestagenwirkung, gemessen an dem antiproliferativen Effekt auf das Endometrium. Es ist nicht nachgewiesen, dass Dosierungen von 100 mg oder 200 mg pro Tag vor Endometriumkarzinom schützen. Zum anderen muss die Aufnahme von Progesteron sicher gestellt sein. Es stehen Kapseln mit 100 mg und mit 200 mg Progesteron zur oralen Aufnahme zur Verfügung, aber möglicherweise ist die vaginale Resorptionsfähigkeit zuverlässiger. Progesteronpräparate zur vaginalen Anwendung sind nur zugelassen in der Kinderwunschbehandlung und in der Schwangerschaft. Viele Frauenärzt* innen empfehlenden Frauen, die Kapseln zur oralen Behandlung vaginal anzuwenden. Das ist immerhin die kostengünstigere Variante, denn die Vaginalkapseln mit 200 mg Progesteron sind etwa doppelt so teuer wie die Kapseln mit 200 mg zur oralen Anwendung.

Progesteron wird durch die äußere Haut nur unzuverlässig resorbiert. Die Anwendung von Gel und Creme-Zubereitungen führt nicht zu reproduzierbaren Blutspiegeln. Der Endometriumschutz ist ebenso wenig gewährleistet wie ein Nutzen.

Fazit

Wenn Frauen heute unter Wechseljahresbeschwerden leiden, stehen ihnen eine Reihe von Behandlungsoptionen zur Verfügung, zum Beispiel CBT (cognitiv behovioural therapy), Isoflavone, Cimicifuga und Akupunktur. Die wirksamste Methode gegen vasomotorische Beschwerden ist allerdings eine Therapie mit Östrogenen/Gestagenen. Eine transdermale Östrogentherapie hat weniger Risiken als eine orale. Zum Schutz vor Endometriumkarzinom ist bei Frauen mit Uterus die zusätzliche Gabe eines Gestagens notwendig. Es ist nicht nachgewiesen, dass Progesteron (und Dydrogesteron) genauso sicher vor Endometriumkarzinom schützen wie synthetische Gestagene. Wenn Progesteron trotzdem verordnet wird, soll es mindestens in einer Dosierung von 200 mg 12 Tage im Monat und nicht länger als fünf Jahre gegeben werden.

Zusammenfassung

Die S3-Leitlinie der DGGG hat zu wichtigen Aspekten der Diagnostik und Behandlung von peri- und postmenopausalen Frauen Stellung bezogen. Die Diagnose soll klinisch gestellt werden. Frauen sollen ermutigt werden, ihre Fragen zu denWechseljahren zu stellen, damit sie umfassend beraten werden können. Von den nicht-pharmakologischen Interventionen hilft die CBT (cognitiv behavioural therapy) den Frauen, ihre vasomotorischen Symptome gelassener zu nehmen und sich nicht stressen zu lassen [7]. Cimicifuga, Isoflavone und Akupunktur sind häufig hilfreich gegen die Beschwerden.Am wirksamsten ist eine Hormontherapie mit Östrogenen bzw. Östrogenen plus Gestagenen bei Frauen mit Uterus. Eine niedrig dosierte Therapie mit transdermalen Östrogenen hat geringere Risiken als eine orale Therapie. Der Zusatz von synthetischen Gestagenen schützt vor Endometriumkarzinom. Allerdings ist die AuswahlamMarkt derzeit sehr begrenzt. Es stehen weder NETA (Norethisteronacetat) noch Levornorgestrel zur Verfügung. Als stark wirksame Gestagene sind nur MPA (Medroxprogesteronacetat), Chlormadinonacetat und Dienogest erhältlich, und sie sind teilweise nur für andere Indikationen zugelassen. Ein vor Endometriumkarzinom schützender Effekt von Progesteron in einer Dosierung von 200 mg ist zu vermuten, aber nicht sicher nachgewiesen.

Schlüsselwörter: Menopause, Hitzewallungen, CBT, Östrogen transdermal, Progesteron

Korrespondenzadresse:
Dr. med. Maria J. Beckermann
Frauenärztin – Psychotherapie
Buchenweg 9
50765 Köln
Tel.: +49 (0) 221 9591062
m.j.beckermann@t-online.de

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