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Nicht-Invasive Pränataldiagnostik (NIPD) – 2013

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DGPFG-Stellungnahme
Nicht-Invasive Pränataldiagnostik (NIPD)
19.12.2013

„Ihr Kinderlein kommet“ – wie gilt das im Jahre 2014?

Die neuen Methoden der nicht-invasiven Pränataldiagnostik (NIPD) können Segen oder Fluch sein, sie berühren das gesellschaftlich relevante Thema „Inklusion“ – so die aktuelle Stellungnahme der DGPFG zum Fest der Geburt.

Hamburg/Hannover, 19. Dezember 2013

„Die neuen Bluttests zur pränatalen Diagnostik beinhalten janusköpfig Chancen und Risiken. Auch wenn es für die einzelne Schwangere ein Segen sein kann, früh und ungefährlich eine sichere Aussage darüber zu erhalten, ob ihr Kind eine Trisomie hat oder nicht, kann diese neue Technik gefährliche Folgen haben für den Umgang mit Schwangerschaft und sich negativ auswirken auf das gesellschaftliche Klima gegenüber Behinderung“, konstatiert die Frauenärztin Dr. Claudia Schumann, Vorstandsmitglied der DGPFG (Deutsche Gesellschaft für psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe).

NIPD: Sichere Aussagen ab der 10. Schwangerschaftswoche
Die neuen Methoden der nicht-invasiven Pränataldiagnostik (NIPD) versprechen sichere Aussagen ohne Gefährdung der Schwangerschaft: Durch einen Test aus dem Blut der werdenden Mutter kann schon ab der 10. Schwangerschaftswoche erkannt werden, ob das erwartete Kind eine Trisomie hat, das heißt eine der häufigsten genetisch bedingten Behinderungen. Der Segen: Frühe Entwarnung für viele Frauen, die sich bislang wochenlang Sorgen machen, und außerdem Rückgang der Fehlgeburten, die durch Fruchtwasserpunktionen „auf Verdacht“ verursacht wurden. Der Fluch: Gerade die Ungefährlichkeit der Methode kann zum genetischen „Screening“ aller Ungeborenen führen, und in der Folge zu einer Geburts-Verhinderung von Menschen mit Trisomie. Diese Option der „Selektion“ kann sich auf andere genetische Abweichungen erweitern. Es ist leicht vorstellbar, dass diese Entwicklung zur Diskriminierung von Behinderung beiträgt und die gültige Verpflichtung zur Inklusion aushöhlt.

Vorgeburtliche Untersuchung ohne Risiken einer Fruchtwasserentnahme
Die meisten werdenden Mütter wünschen sich ein gesundes Kind. „Guter Hoffnung sein“ hieß das früher. Die Hoffnung wurde in den letzten 40 Jahren durch immer feinere Möglichkeiten der vorgeburtlichen Diagnostik abgelöst. Mithilfe von Ultraschall und Bluttests kann derzeit ab der 12. Schwangerschaftswoche die Wahrscheinlichkeit für eine Trisomie des Ungeborenen berechnet werden. Ist sie hoch, kann die endgültige Diagnose bislang nur mithilfe einer Fruchtwasserentnahme gestellt werden, da man nur so an die kindlichen Chromosomen kommt. Zu Recht haben viele Frauen Angst vor diesem Eingriff, denn es besteht ein Risiko von 0,5 bis 1 Prozent, dass dadurch eine Fehlgeburt ausgelöst wird. Das bedeutet zum Beispiel konkret: Wenn bei 300 Schwangerschaften, bei denen ein Trisomie- Risiko von 1 : 300 besteht, eine Fruchtwasserpunktion durchgeführt wird, wird damit das eine Kind mit Trisomie erkannt, bei 299 Fällen gibt es eine Entwarnung, aber in 2 bis 3 Fällen kommt es unnötig zur Fehlgeburt. Da die Fruchtwasseruntersuchung erst ab der 14./15. Woche gemacht werden kann, hat die Schwangere bis dahin schon eine lange Zeit der Aufregung hinter sich.

Die neue nicht-invasive Pränataldiagnostik beruht auf einer sensationellen Erkenntnis: Im mütterlichen Blut schwimmen schon in den ersten Wochen der Schwangerschaft fetale Chromosomenanteile, die man extrahieren und dann direkt untersuchen kann, das heißt man hat jetzt völlig ungefährlich Zugriff auf das fetale Erbgut.

Neue Methoden werben für frühen Einsatz bei allen Schwangeren
In Deutschland wurde als erstes im Sommer 2012 der Praenatest eingeführt, inzwischen gibt es den Panorama-Test und zuletzt den Harmony-Test. Die Namen sprechen für sich. Während anfangs die NIPD erst ab der 12. Woche eingesetzt werden sollte und nur in sogenannten Risikogruppen – Alter der Mutter über 35 Jahre, auffällige Voruntersuchungen – werben die neuen Methoden für einen frühen Einsatz bei allen Schwangeren. Parallel dazu sinken die Preise, von anfangs circa 1.400 Euro auf jetzt noch knapp 500 Euro. Einige Krankenkassen übernehmen auf Antrag die Kosten. Nach den bislang vorliegenden Studien sind die Tests tatsächlich sehr verlässlich, die Fehlerrate liegt unter 1 Prozent. Das heißt, es ist extrem selten, dass eine Trisomie übersehen oder falsch diagnostiziert wird. Zwar wird bei auffälliger NIPD derzeit noch eine Fruchtwasserpunktion empfohlen um die Diagnose zu sichern, aber die Indikation dafür wird viel seltener gestellt werden.

Kritik: Druck von Außen und Gefahr der Zunahme von Schwangerschaftsabbrüchen
Kritische Stimmen warnen: Der Segen ist teuer erkauft! Gerade weil die Untersuchung so harmlos ist, kann es schnell zu einem breiten Einsatz führen, zu einem allgemeinen Screening auf „Abweichung“ und in der Folge zu vielen Schwangerschaftsabbrüchen. Denn bekannt ist, dass mehr als 95 Prozent der Frauen sich bei der Diagnose „Trisomie“ für einen Abbruch der Schwangerschaft entscheiden; das wird bei früher Entdeckung eher zunehmen. Dr. Wolf Lütje, Frauenarzt und Präsident der DGPFG, fragt: „Was kommt als Nächstes, welche Abweichung wird noch feststellbar, in welche Entscheidungs-Situationen werden Frauen in Zukunft hineingeraten? Darf eine Frau noch einfach guter Hoffnung sein, oder wird der Druck auf Schwangere zunehmen, Pränataldiagnostik in Anspruch zu nehmen? Geraten auch wir Frauenärzte und –ärztinnen immer mehr unter Druck, alles anbieten zu müssen? Wird es eine Diskriminierung der Dennoch-Geborenen und ihrer Mütter geben:

„So etwas muss es doch nicht mehr geben?“ Fragen, die nicht nur die werdenden Eltern angehen, sondern breiter gesellschaftlich diskutiert werden müssen.

Ziel der DGPFG: Inklusion für Ungeborene gesellschaftlich verankern!
Für die DGPFG fordert Dr. Wolf Lütje: „Ziel muss sein, das Gebot der Inklusion auch für Ungeborene gesellschaftlich so zu verankern, dass Schwangere wirklich selbstbestimmt entscheiden können, was sie von ihrem Kind wissen wollen.“ In diesem Sinn will die DGPFG das Thema mehr in die Öffentlichkeit tragen, und sie will die Erarbeitung einer neuen Leitlinie zur Pränataldiagnostik anstoßen.

Ansprechpartnerin
Dr. med. Claudia Schumann
T +49 5551 4774

 

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Dr. med. Claudia Schumann
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Slide DGPFG-Stellungnahme Nicht-Invasiven Pränataldiagnostik (NIPD)

Studie zu Hormonen in den Wechseljahren – 2012

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Studie zu Hormonen in den Wechseljahren
22.02.2012

Frauenärztinnen sind nicht klüger als ihre Patientinnen

Aktuelle DGPGF-Studie: Auch die „Profis“ gehen vorsichtig mit Hormonen um und sehen die Wechseljahre als „normale Lebensphase, auf die sich Frauen einstellen müssen“/Psychosomatische Betreuung kommt bei den Patientinnen gut an

Berlin/Northeim, 22. Februar 2012

Hitzewallungen, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen – diese Symptome begleiten viele Frauen zwischen 40 und 65. Ein Gang zur Frauenärztin oder zum Frauenarzt kann in solchen Situationen weiterhelfen oder enttäuschen, wenn die GesprächspartnerInnen kurz angebunden sind und schnell eine Hormontherapie empfehlen.

Eine Studie der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe (DGPFG), die Ende 2011 veröffentlicht wurde und gut 1000 Frauen befragt hat, ergab: Neben der Information über Symptome und Verlauf der Wechseljahre bewerten die Frauen vor allem das „Eingehen auf die persönliche Situation“ als hilfreich. Und genau dies ist die Devise der an der Studie beteiligten Frauenärztinnen, die alle bewusst einen ganzheitlichen, psychosomatischen Umgangsstil vertreten.

In der Behandlung von Wechseljahres-Symptomen waren sich die an der Studie beteiligten knapp 50 Frauenärztinnen einig. Sie setzen in ihrem Beruf Akzente, die sie auch persönlich als hilfreich erleben: Beschwerden ernst nehmen, psychosoziale Hintergründe berücksichtigen, die Eigenkompetenz stärken, über Ernährung und Sport informieren, Risiken und Nutzen einer Hormontherapie erläutern, für das Thema Sexualität offen sein.

Dass diese authentisch zugewandte Behandlung bei den Patientinnen ankommt, ließ sich anhand der Studie nachweisen. 90 Prozent der befragten Frauen fühlten sich gut informiert und gestärkt, ihren eigenen Weg zu gehen.

Bemerkenswert ist ein Detail aus der Befragung der Frauenärztinnen: Der Anteil der Frauenärztinnen, die selbst Hormone einnehmen, entsprach mit circa 20 Prozent dem ihrer Patientinnen, während in früheren ähnlichen Befragungen die Frauenärztinnen doppelt bis dreimal so häufig selbst Hormone genommen haben. „Das bedeutet, dass die Frauenärztinnen für sich selbst genauso sorgen wie für ihre Patientinnen“, ist das Fazit von Dr. Claudia Schumann. Die Frauenärztin aus Northeim/Niedersachsen, Vorstandsmitglied der DGPFG mit Sitz in Berlin, hat mit anderen niedergelassenen Frauenärztinnen die bundesweite Studie initiiert und ausgewertet.

Bei aller Übereinstimmung gab es jedoch auch große Unterschiede: Die befragten Frauenärztinnen gehen aktiver mit den Wechseljahren um. Sie treiben deutlich mehr Sport, um gesund alt zu werden, und verbinden mit diesem Lebensabschnitt häufiger die Chance für neue Ziele und Möglichkeiten. Außerdem sind sie eher bereit für eine lokale Hormonbehandlung, die hilfreich ist bei sexuellen Beschwerden aufgrund der oft trockenen und empfindlicheren Scheidenschleimhaut.

Die beteiligten Ärztinnen sehen im Studienergebnis einen Auftrag für die Zukunft. „Wir werden unsere Patientinnen noch aktiver als bisher auf die Wechseljahre ansprechen und versuchen, ihnen eine Mischung aus Gelassenheit und Neugier auf diese Zeit zu vermitteln“, so Schumann. Ein entsprechendes Info-Blatt, das Frauenärztinnen an ratsuchende Frauen weitergeben können, wurde von der Studiengruppe entwickelt. Es ist auf der Homepage der DGPFG www.dgpfg.de veröffentlicht.

Ansprechpartnerin
Dr. med. Claudia Schumann
T +49 5551 4774

 

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Slide DGPFG-Stellungnahme Studie Wechseljahre

Gendiagnostikgesetz – 2010

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Offener Brief der DGPFG
Gendiagnostikgesetz

01.12.2010

An den Vorstand der DGGG
An die Mitglieder der Gendiagnostikgesetz-Kommission (GEKO)

Sehr geehrte Damen und Herren,

die DGPFG (Deutsche Gesellschaft für psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe) begrüßt die Intention des Gendiagnostik-Gesetzes, dass Schwangere im Rahmen von PND umfassender als bisher beraten werden sollen. Damit können sie sich verantwortlich für oder gegen die einzelnen Maßnahmen entscheiden. Die GEKO Gendiagnostik-Kommission hat mit der Umsetzung des Gesetzes in die Praxis eine äußerst schwierige Aufgabe übernommen.

Mit Blick auf die Zusammensetzung der GEKO hatten wir als Fachgesellschaft schon im Frühjahr 2010 unsere Bereitschaft erklärt, uns bei der erforderlichen Qualifikation für Frauenärztinnen und Frauenärzte zu beteiligen. Auf sie wird der Hauptanteil der Beratung im Rahmen von ETS, Fein- Ultraschall und Amniocentesen entfallen. Die DGPFG bietet seit Jahren erfolgreich bundesweit Curricula an für die Fort- und Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten in der psychosomatischen Grundversorgung. Dabei geht es immer auch um die Reflexion der Arzt-Patientin-Beziehung in schwierigen Situationen.

Jedoch: Eine aktuelle Presseerklärung der FMF Fetal Medicine Foundation warnt im Hinblick auf die erforderliche hohe Zahl der entsprechend fortzubildenden Frauenärzteschaft vor „Engpässen in der Elternversorgung“. Prof. Merz, Präsident der FMF, fordert deshalb in der Mitteilung „keine zeitintensive Qualifikation“. Die FMF hält eintägige Kurse für ausreichend.

Dies veranlasst uns zu einer erneuten Stellungnahme:

Wir fürchten um die Qualität der vom Gesetzgeber geforderten Beratung, die aus unserer Sicht sehr unterschiedliche Aspekte beinhaltet. Neben der Informationsvermittlung über die genetischen Grundlagen und die medizinischen Verfahren bzw. Konsequenzen der Pränataldiagnostik bedarf es immer auch einer individuellen psychosozialen Beratung. Sie berührt die Themen der ethischen Fragen von PND und den eventuell damit verbundenen Konsequenzen. Nur mit diesem Hintergrund können Frauen entscheiden, was sie von ihrem Kind wissen wollen.

Beides – Information und Beratung – lässt sich nicht voneinander trennen, wenn man erreichen will, dass die Frau bzw. das Paar gerade in diesem schwierigen Sachgebiet eine „informierte Entscheidung“ treffen soll. Dafür brauchen Frauenärztinnen und Frauenärzte jedoch spezielle kommunikative Fähigkeiten, angewendet auf die Problematik der pränatalen Diagnostik. Es geht um komplexe Fragen wie Erwartungen an das Ungeborene, Verantwortung für den Ausgang der Schwangerschaft, Umgang mit Unsicherheit sowie Risiko und Angst vor Behinderung. Außerdem sollten die Ärztinnen und Ärzte trainiert sein für die Kommunikation einer „schlechten Nachricht“, falls Auffälligkeiten gefunden werden. Wünschenswert ist zudem eine Selbstreflexion über den eigenen Standpunkt zur Pränataldiagnostik. Das alles ist mit Sicherheit nicht an einem Tag neben der sicher von allen Beteiligten akzeptierten umfangreichen genetischen/medizinischen Qualifikation zu vermitteln!

Die DGPFG als Fachgesellschaft bietet an, zusammen mit Fachleuten anderer Disziplinen an einem aus unserer Sicht eher mehrtägigen, umfassenden Curriculum mitzuarbeiten und sich für dessen Umsetzung einzusetzen.

Dr. med. Claudia Schumann
(für den Vorstand der DGPFG)


Ansprechpartnerin

Dr. med. Claudia Schumann
T +49 5551 4774

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Slide Offener Brief der DGPFG Gendiagnostik

Lücke in der Gendiagnostik – 2010

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DGPFG-Stellungnahme
Lücke in der Gendiagnostik
04.05.2010

Die Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe (DGPFG) fordert psychosomatische Beratungskompetenz für Frauenärztinnen und -ärzte, die Schwangere über pränataldiagnostische Untersuchungen aufklären.

Berlin, 4. Mai 2010

Seit dem 1. Februar 2010 ist das Gendiagnostikgesetz in Kraft. Es hat unter anderem das Ziel, dass jede Schwangere vor einer pränataldiagnostischen Untersuchung umfassend aufgeklärt wird. Das Gesetz sieht vor, dass jeder Patientin klar ist, nach welchen gesundheitlichen Auffälligkeiten beim Fetus gesucht wird. Keine Frau soll unerwartet mit negativen Informationen über ihr Ungeborenes konfrontiert werden. Denn der Wunsch, „doch nur wissen zu wollen, ob alles in Ordnung ist“, hat in der Vergangenheit viele Frauen und Paare unvorbereitet vor schwerwiegende Entscheidungen über den Fortgang der Schwangerschaft gestellt.

Nach Inkrafttreten des Gesetzes wurde eine Gendiagnostik-Kommission eingerichtet, um unklare Einzelheiten zu regeln. Einige Beispiele: die Abgrenzung zum „normalen“ Ultraschall, die ausführliche ärztliche Dokumentationspflicht sowie die inhaltliche Definition der Aufklärung und genetische Beratung.

Auch Einzelheiten der aufklärenden Beratung müssen noch definiert werden. Hier weist die Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe (DGPFG) auf eine problematische Situation hin: „Bei der Aufklärung und Beratung im Rahmen der Pränataldiagnostik geht es nicht nur um Informationen, sondern den Frauen muss klargemacht werden, dass ihre Entscheidung dafür oder dagegen einen ethisch schwierigen Konflikt auslösen kann“, sagt Dr. Claudia Schumann, Frauenärztin aus Northeim und Mitglied im Vorstand der DGPFG. Natürlich habe jede Frau das Recht, sich über Gesundheit und Entwicklung des ungeborenen Kindes zu informieren. „Aber es kann Konsequenzen haben, weitere Informationen über das Kind zu erhalten“, so die Fachärztin. Falls das Ungeborene nicht normal entwickelt sei und sich die Frau den Belastungen nicht gewachsen fühle, stünde im Hintergrund neben eher seltenen Therapieoptionen immer auch die Option zu einem Schwangerschaftsabbruch. Schwierig werde auch eine Entscheidung, wenn das Ergebnis Unsicherheiten enthalte.

„Gerade die Aufklärung im Rahmen des sogenannten ETS (Ersttrimester-Screening) im dritten Monat stellt die Weichen für den Umgang der werdenden Mutter mit Pränataldiagnostik“, berichtet Schumann. „Diese Beratung ist überwiegend Sache der betreuenden Frauenärzte, denn die Schwangeren nehmen erfahrungsgemäß nur im Ausnahmefall eine externe psychosoziale Beratung in Anspruch.“ Das verlange von der Frauenärztin oder dem Frauenarzt, empathisch zu sein, auf der rationalen und emotionalen Ebene kommunizieren zu können und die eigenen ethischen Werte zu hinterfragen. „Diese Aspekte müssen von der Gendiagnostik-Kommission berücksichtigt werden“, fordert deshalb die DGPFG.

Die Gesellschaft bedauert, dass der Kommission bisher keine Experten aus der Psychotherapie, Psychosomatik oder der psychosomatischen Frauenheilkunde angehören. Um diese Lücke zu schließen, bietet die DGPFG ihr Fachwissen an und ist gerne bereit, entsprechende Fachleute zu benennen.

Ansprechpartnerin
Dr. med. Claudia Schumann
T +49 5551 4774

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Dr. med. Claudia Schumann
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Slide DGPFG-Stellungnahme Lücke in der Gendiagnostik

Honorierung von Psychosomatik in der Praxis – 2009

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Honorierung von Psychosomatik in der Praxis

04.03.2009

Beim Frauenarzt läuft die Stoppuhr

In frauenärztlichen Praxen wird seit Jahresbeginn die Zeit für persönliche Gespräche knapp. Auf der Strecke bleibt immer häufiger die ganzheitliche Betreuung von problembehafteten Patientinnen wie Risikoschwangere, Frauen mit chronischen Unterleibsbeschwerden und Krebspatientinnen.

Berlin, 4. März 2009

Mia W. (Name geändert) hat Glück gehabt. Die 35-Jährige, die im vorigen Jahr nach zwei Fehlgeburten ihr erstes Kind entbunden hat, wurde von ihrer Frauenärztin während der Schwangerschaft umfassend betreut. Ein Mal in der Woche führte die Ärztin mit ihr ein sogenanntes „psychosomatisches“ Gespräch. So bewältigte Mia W. aufflammende Ängste, der Körper könne wieder nicht mitspielen. Ihre Anspannung legte sich und sie gewann das Vertrauen in ihren Körper zurück. „Tender-loving-care“, die fürsorgliche Unterstützung, ist als Fehlgeburtsprophylaxe hoch angesehen – nur das Abrechnungssystem der Krankenkassen, das seit Anfang des Jahres gilt, sieht dafür keine Zeit mehr vor.

Was ist passiert? Seit dem 1. Januar 2009 gibt es für frauenärztliche Praxen neue Abrechnungsmodalitäten. Das sogenannte „Regelleistungsvolumen“ wurde eingeführt. Das heißt, dass die Praxen im Quartal einen festen Betrag für eine durchschnittliche Zahl von Patientinnen erhalten. Er liegt je nach Bundesland zwischen 15,50 und 19,50 Euro pro Frau. Alle Leistungen inklusive der kostenintensiven Ultraschalluntersuchungen sind damit abgegolten. Längere psychosomatische Gespräche können – anders als bei den Allgemeinärzten – nicht als zusätzliche Gesprächsleistung abgerechnet werden.

Deshalb befürchtet die Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe (DGPFG), mit knapp 900 Mitgliedern eine der bundesweit stärksten psychosomatischen Fachgruppen, dass sich Frauenärztinnen und –ärzte unter dem steigenden finanziellen Druck die zeitlich aufwendigen Gespräche nicht mehr leisten können – zum Schaden der Patientinnen.

„Die ganzheitliche Betreuung in der frauenärztlichen Praxis ist gefährdet“, so Dr. Claudia Schumann, Mitglied im Vorstand der DGPFG. „Die neue Regelung ist völlig unverständlich, denn man geht davon aus, dass fast die Hälfte der gynäkologischen Patientinnen über Beschwerden klagen, die körperliche und seelische Ursachen haben!“ Daher gehöre die „psychosomatische Grundversorgung“ gerade bei den Frauenärztinnen und –ärzten im Gegensatz zu allen anderen Facharztgruppen verpflichtend zur Ausbildung.

Das Nachsehen haben die Patientinnen. Das sind Schwangere wie Mia W., die aufgrund früherer Fehlgeburten für einen guten Ausgang der Schwangerschaft viel professionelle Unterstützung brauchen. Oder Frauen mit chronischen Unterleibsschmerzen, bei denen es wichtig ist, die Zusammenhänge zwischen Belastung und Schmerzen zu klären, statt sie gleich zur operativen Diagnostik einzuweisen. Oder Krebspatientinnen, die immer wieder neben der gründlichen Untersuchung stärkende Gespräche benötigen.

Die DGPFG fordert deshalb dringend eine angemessene Vergütung der psychosomatischen und auch speziell der psychoonkologischen Betreuung in der ärztlichen Praxis. Damit ein längeres Gespräch mit der Frauenärztin, dem Frauenarzt nicht zu einem wohl kalkulierten Ausnahmefall wird.

Ansprechpartnerin
Dr. med. Claudia Schumann
T +49 5551 4774

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Slide DGPFG-Stellungnahme Honorierung von Psychosomatik in der Praxis

Geschlechtertest – 2007

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Geschlechtertest

15.11.2007

Zur Auswahl: Mädchen oder Junge?

Seit Juni 2007 ist es via Internet möglich, durch einen einfachen Test das Geschlecht des werdenden Kindes vorauszusagen. Die Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe (DGPFG) warnt vor dieser Praxis. Sie befürchtet Schwangerschaftsabbrüche, wenn das Geschlecht nicht „passt“.

Berlin, 15. November 2007

Frühestens ab dem vierten Monat können Ärzte bislang das Geschlecht eines werdenden Kindes per Ultraschall voraussagen. Wer nicht so lange warten will: Eine frühe pränatale Geschlechtsbestimmung wird immer einfacher. Ein DNA-Abgleich im Blut der Mutter macht es möglich. Erforderte bislang das Angebot der deutschen Firma PlasmaGen AG die Blutabnahme in der ärztlichen Praxis, , so ist jetzt der Test für Zuhause erhältlich. Einfach den Test unter www.tellmepinkorblue.com bestellen, einige Tropfen Blut auf eine Karte tupfen und abschicken. Das Resultat kommt wenige Tage später, eine „Geld-zurück-Garantie“ – sollte das Ergebnis nicht zutreffen – ist inbegriffen. Sieben Wochen nach der Empfängnis sei das Geschlecht klar, verspricht die Firma aus Kalifornien. Die Firma PlasmaGen AG www.maedchenoderjunge.de wirbt damit, dies ab der 10. Schwangerschaftswoche checken zu können. Das Ergebnis erhält der beteiligte Frauenarzt. Nicht vor Ende der 14. Schwangerschaftswoche soll er die Schwangere informieren, also nach Ablauf der Frist zum frühen Schwangerschaftsabbruch.

Warum geben Frauen Geld aus für die Gewissheit, die sie wenige Wochen später erhalten und nicht mehr ändern können? Oder ziehen sie doch Konsequenzen daraus – wird die Hürde für einen Schwangerschaftsabbruch niedriger? In gesellschaftlichen Systemen, in denen Mädchen unerwünscht sind, gehört eine Abtreibung der weiblichen Föten zur gängigen Praxis. Sie hat fatale demografische Folgen: In Indien kommen auf 100 geborene Mädchen 140 bis 150 Jungen.

Dr. Claudia Schumann, Mitglied im Vorstand der DGPFG: „Hierzulande wird solche Entscheidung eher ‚den Migranten‘ unterstellt. Vorzustellen ist aber, dass auch bei uns der Druck wächst, das ‚richtige‘ Kind zu bekommen. Es soll nicht nur mit den normalen Chromosomen, sondern auch mit dem richtigen Geschlecht in die Familie passen.“ „Family-balancing“ heißt dies und wird zumindest in den USA im Rahmen der Präimplantationsdiagnostik, die in Deutschland (noch) verboten ist, schon offensiv betrieben. Für die Frauenärztin aus Northeim weitet sich das Streben nach dem „Wunschkind“ weiter aus – eine Entwicklung, die durch die nahezu zur Routine gewordene Pränataldiagnostik vorbereitet sei.

„Was als Erweiterung der Selbstbestimmung der Frau daherkommt, erweist sich bei genauer Prüfung als ethisch äußerst gefährlich“, sagt sie und liegt damit auf gleicher Linie wie der Deutschen Ärztetag im Mai 2007. Doch trotz des Votums sind bundesweit Frauenärzte und Frauenärztinnen bereit, den Test zu machen. Sie lassen sich auf der Webseite von PlasmaGen AG ausfindig machen.

Die DGPFG rät Frauenärzten und Frauenärztinnen ab, bei dieser frühen Geschlechtstestung mitzumachen. „Sie macht medizinisch keinen Sinn, kann aber zu tiefen Problemen führen“, so Dr. Claudia Schumann. Die DGPFG ruft im Gegenteil dazu auf, einen offenen Diskurs über die Fragwürdigkeit dieses „Angebots“ zu führen. Ob juristische Regelungen noch greifen können, wenn die Tests frei verkäuflich seien, erscheint Schumann mehr als fraglich.

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Dr. med. Claudia Schumann
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Legalisierung anonymer Geburten – 2001

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Offener Brief der DGPFG
Kritische Stellungnahme zur geplanten Legalisierung anonymer Geburten

11.07.2001

An die
Bundesministerin der Justiz
Frau Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin, MdB Bundesjustizministerium
Jerusalemer Straße 27

10117 Berlin

11. Juli 2001

Kritische Stellungnahme zur geplanten Legalisierung anonymer Geburten

Sehr geehrte Frau Ministerin,

hiermit möchten wir als Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe (DGPFG) unsere großen Bedenken gegen die geplante Legalisierung anonymer Geburten äußern. Es ist uns aus den vielfältigen Diskussionen in den Medien bekannt, dass die an entsprechenden Gesetzesentwürfen beteiligten Parteienvertreter, Kirchenverbände und andere Organisationen das Wohl der Frauen und Kinder im Blick haben. Aus unserer Sicht bestehen aber erhebliche Zweifel, dass mit den geplanten Gesetzesänderungen dieses Ziel tatsächlich erreicht werden kann, und zwar aus folgenden Gründen:

  1. Die Diskussion um die anonyme Geburt geht von der Prämisse aus, dass mit der Legalisierung der anonymen Geburt die Aussetzung von Kindern oder sogar der schlimmste Fall, nämlich die Tötung eines Kindes, verhindert werden kann. Dies ist weder durch wissenschaftliche Erhebung noch durch empirische Funde belegt.
  2. Neonatizide (die Tötung des eigenen Kindes direkt nach der Geburt) werden – soweit wissenschaftlich Erkenntnisse darüber vorliegen – von Frauen begangen, bei denen eine erhebliche Persönlichkeitsproblematik besteht, wie etwa eine fehlende Persönlichkeitsreife, mangelnde Bewältigungsmechanismen etc. Diese Persönlichkeitsproblematik führt dazu, dass die Frauen bei ungewünschter Schwangerschaft nicht in der Lage sind, die üblichen adäquaten Lösungswege zu gehen und Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen (wie etwa Schwangerenkonfliktberatung, Hilfsangebote mit dem Ziel, das Kind später selbst aufzuziehen oder zur Adoption freizugeben etc.). Nach einer verheimlichten bzw. verleugneten Schwangerschaft wird die betroffene Frau von der Geburt „überrascht“; im Sinne einer Stress- und Panikreaktion kommt es dann möglicherweise zur Tötung des Neugeborenen oder auch zur Aussetzung. Frauen mit einer solchen Problematik werden aufgrund ihrer Persönlichkeitsstruktur und der mangelnden Bewältigungsmechanismen kaum in der Lage sein, die Möglichkeit einer anonymen Geburt anzunehmen.
  3. Frauen mit ausgeprägten psychosozialen Problemen werden dagegen wahrscheinlich in zunehmender Häufigkeit das Angebot der anonymen Geburt nutzen. Dazu sind Frauen zu rechnen, die ungewollt schwanger geworden sind und von jemandem in ihrer Umgebung zur anonymen Entbindung gedrängt werden. Oder es sind Frauen, die so spät bemerkt haben, dass sie schwanger sind, dass ein Schwangerschaftsabbruch nicht mehr in Frage kommt, und die dann die schwierige Entscheidung, ob sie das Kind selbst aufziehen oder es zur Adoption freigeben und das Durchlaufen eines entsprechenden Entscheidungsprozesses vermeiden. In solchen Fällen besteht die Gefahr, dass betroffene Frauen den Weg dann als einen „angebotenen“, also öffentlich legitimierten, gesellschaftlich empfohlenen begreifen und sich für eine anonyme Entbindung entscheiden.
  4. Alle Adoptionsstudien belegen, dass Frauen, die ihr Kind zur Adoption freigegeben haben, oftmals später mit erheblichen psychischen Problemen zu kämpfen haben, meist lebenslang. In sehr viel stärkerem Ausmaß ist mit solchen Problemen auch bei Frauen zu rechnen, die ihr Kind ohne eine entsprechend vorbereitete Entscheidung (Beratung durch Adoptionsberatungsstelle, Unterstützung durch die soziale Umgebung etc.) abgeben und für die durch die Art der Entscheidung eine spätere offene Auseinandersetzung überhaupt nicht möglich sein wird. Wie werden diese Frauen mit ihrer Entscheidung später leben können?
  5. Ebenfalls weiß man aus Adoptionsstudien, dass die genetische Abstammung für Kinder für erheblicher Bedeutung ist, selbst wenn sie nach der Adoption mit ihren neuen Eltern in einer enorm positiven Umgebung aufgewachsen sind. Kinder aus anonymen Geburten werden keine Chance haben, irgendetwas über ihre Abstammung zu erfahren, weshalb für diese Personengruppe möglicherweise mit erheblichen Problemen zu rechnen ist. Entsprechende Erfahrungen aus Frankreich, wo die anonyme Geburt seit 1941 möglich ist und wo etwa 400.000 Personen der sogenannten “Generation X” angehören, zeigen ganz deutlich, welche Problematik dahinter steckt. Nicht umsonst warnt diese Vereinigung dringend vor den in Deutschland geplanten Gesetzesänderungen.
  6. Die französischen Zahlen von anonymen Geburten zeigen darüber hinaus, dass mit einer inflationären Zunahme solcher Fälle zu rechnen ist: Wenn wir für Deutschland von einer Zahl von etwa 40 bis 50 Aussetzungen pro Jahr ausgehen, dann wäre die Zahl in Frankreich entsprechend etwa bei 30 bis 40 anzusetzen. Seit Einführung der anonymen Geburt in Frankreich gab es aber bis über 1000 anonyme Geburten pro Jahr, auch jetzt sind es immer noch 600 pro Jahr. Offensichtlich wird also mit Einführung eines solchen Angebotes auch ein Bedarf geschaffen, wobei man sich nicht zuletzt fragt, welche Ziele damit verfolgt werden (größere Zahl zur Verfügung stehender Adoptionskinder?).
  7. Überhaupt nicht diskutiert wird die Frage, inwieweit man Mütter mit vorübergehenden psychischen Störungen in der Schwangerschaft davor bewahren kann, im Rahmen einer solchen Problematik ihr Kind anonym zu entbinden und zur Adoption freizugeben. Zu nennen sind beispielsweise bis dahin psychisch unauffällige Frauen, die in der Schwangerschaft psychische Auffälligkeiten entwickeln, z. B. Depressivität, Angst- und Zwangssymptome. Solche Mütter, mit denen wir es in der Praxis immer wieder zu tun haben, entwickeln ausgeprägte Insuffizienz- und Versagensgefühle und sind fest davon überzeugt, dass sie eine schlechte Mutter sein werden. Nicht selten ist mit einer solchen Symptomatik die Überlegung verbunden, das Kind zur Adoption frei zu geben. Durch den heute erforderlichen Prozess bei einer Adoptionsfreigabe, der eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt und wiederholte Kontakte mit einer Adoptionsstelle einschließt, wird heute mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindert, dass eine solche akut kranke Mutter eine vorschnelle Entscheidung trifft. Wird das aber noch genauso sein, wenn die anonyme Geburt legalisiert ist? Wer wird in der Lage sein, diese psychopathologischen Konstellationen zu erkennen, die sehr gut behandelbar sind und unter adäquater Therapie sehr rasch abklingen, wenn die Frau direkt nach der Entbindung die Klinik wieder verläßt?

Dies sind nur einige wenige Punkte einer sehr komplexen Problematik, über die man noch sehr viel länger diskutieren könnte. Leider scheint es aber so zu sein, dass die Legalisierung der anonymen Entbindung nicht mehr zu verhindern sein wird, da sich alle Beteiligten ungewohnt einig sind, „etwas gutes für Frauen“ tun zu wollen. Wenn aber tatsächlich die Möglichkeit zur anonymen Geburt eingeführt werden sollte, dann sind aus unserer Sicht folgende Mindeststandards als absolut notwendig zu fordern:

  1. Bei der Aufnahme zur anonymen Entbindung muß der Mutter eine psychosoziale Beratung angeboten werden (z. B. zur aktuellen Konfliktsituation, alternativen Möglichkeiten, Konsequenzen dieser Entscheidung für sie selbst und ihr Kind, etc. ).
  2. Eine solche Beratung muß von geschulten Beraterinnen durchgeführt werden, die über die Fähigkeit verfügen, auch krankheitswertige psychische Symptome zu erkennen.
  3. Beim Vorhandensein psychischer Symptome und Vorhandensein evtl. Ambivalenzen darf eine Freigabe des Kindes nicht erfolgen, da davon auszugehen ist, dass nach Abklingen der Symptomatik die Entscheidung anders aussehen würde. Im Einzelfall wird sogar die Frage der Geschäftsfähigkeit zu diskutieren sein.
  4. Nur eine qualifizierte Beratung kann möglicherweise verhindern, dass eine bestehende psychosoziale Problematik durch die schnelle und nicht fundierte Entscheidung zur anonymen Entbindung und Freigabe des Kindes zur Adoption bei den Betroffenen zu einer lebenslangen Traumatisierung mit allen daraus resultierenden Folgen für die psychische Gesundheit führt.
  5. Die Legalisierung der anonymen Entbindung muß zwingend verbunden sein mit dem Aufbau eines Dokumentationssystems, um empirische Daten zu Hintergründen und Alternativen zu erhalten. Nur so können langfristige Betreuungskonzepte und Hilfsangebote optimiert werden.
  6. Aus diesen Forderungen ergibt sich zwangsläufig, dass Geburtshilfliche Abteilungen, die anonyme Geburten durchführen, auch spezielle Betreuungs- und Beratungsmöglichkeiten anbieten müssen.

Aus psychotherapeutischer Sicht ist die Legalisierung der anonymen Entbindung allenfalls im extrem seltenen Einzelfall eine sinnvolle Hilfe für die Frau: In der Vielzahl der Fälle ist sie wahrscheinlich eine Katastrophe, da damit verhindert wird, das bestehende Probleme angemessen gelöst werden, vorhandene Hilfsangebote angenommen werden und andererseits erhebliche Folgeprobleme entstehen. Falls die Gesetzesgrundlage trotz solcher Bedenken geändert wird, muß verpflichtend eine psychosoziale Beratung durch qualifizierte Berater angeboten werden. Die zu erwartenden Schäden für die adoptierten Kinder werden kaum durch irgendwelche Unterstützungsmaßnahmen zu verhindern sein.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Dr. med. Mechthild Neises
Präsidentin DGPFG

Prof. Dr. med. Anke Rohde
Wissenschaftlicher Beirat DGPFG

Ansprechpartner

 

Prof. Dr. Dr. med. Mechthild Neises
Präsidentin DGPFG

Prof. Dr. med. Anke Rohde
Wissenschaftlicher Beirat DGPFG

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